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Cäsarenwahnsinn

Wenn der belanglose Wikipediaartikel etwas Gutes hat, dann der Hinweis auf einen spannenden Vortrag von John C. G. Röhl über Kaiser Wilhelm II. 1989

https://www.historischeskolleg.de/fileadmin/pdf/vortraege_pdf/Vortraege19_roehl.pdf

In ihm geht es auch um den Historiker Ludwig Quidde, der es gewagt hatte, in einer Studie über Caligula den zeitgenössischen deutschen Herrscher zu porträtieren. (Die Ausgabe von 1926 mit Erinnerungen Quiddes an den Skandal habe ich gerade ins Internet Archive hochgeladen.)


OpenEdition schlägt Ihnen vor, diesen Beitrag wie folgt zu zitieren:
Klaus Graf (16. März 2022). Cäsarenwahnsinn. Archivalia. Abgerufen am 7. November 2025 von https://doi.org/10.58079/cfov


Autor: Klaus Graf

Historiker und Archivar, Blogger

3 Gedanken zu „Cäsarenwahnsinn“

  1. #Otto

    „Der Lotse geht von Bord…
    In der politischen Öffentlichkeit wurde der Ruf nach einer Abkehr von der nur bewahrenden Diplomatie Bismarcks zu Gunsten einer dynamischen und risikobereiten Außenpolitik laut.
    Nach der kurzen Herrschaftszeit von Friedrich III. standen sich mit dem neuen Kaiser Wilhelm II. und Bismarck zwei ungleiche Persönlichkeiten gegenüber.
    Bismarck hielt Wilhelm für unreif und wenig vorbereitet auf die Übernahme der Verantwortung. Er sei ein „Brausekopf, könne nicht schweigen, sei Schmeichlern zugänglich und könne Deutschland in einen Krieg stürzen, ohne es zu ahnen und zu wollen.“[152]

    Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_von_Bismarck

  2. @Wolfgang H. Deuling

    Otto von Bismarck sein Gegenspieler :

    “Die Neigung, sich für fremde Nationalitäten und Nationalbestrebungen zu begeistern, auch dann, wenn dieselben nur auf Kosten des eignen Vaterlandes verwirklicht werden können, ist eine politische Krankheitsform, deren geographische Verbreitung leider auf Deutschland beschränkt ist.” zitiert in: “Bismarck – Der Reichsgründer” von Otto Pflanze, Verlag C. H. Beck, München, 1997, S.608.

    “Bismarck ist kein Parteimann, sondern ein Staatsmann, der nach seinem eigenen Ausspruch die Staatskunst als Kunst des Möglichen betrachtet, der stets nur mit benannten Zahlen rechnet und der jedermann und jede Partei benutzt” – Deutsche Revue Band 9 (1884), S. 132 books.google.

    “So lange ich Reichskanzler bin, treiben wir keine Kolonialpolitik. Wir haben eine Flotte, die nicht fahren kann, und wir dürfen keine verwundbaren Punkte in fernen Weltteilen haben, die den Franzosen als Beute zufallen, sobald es losgeht.” – 1881 zu dem Reichstagsabgeordneten Graf Frankenberg, zitiert in Johannes Kunisch: Bismarck und seine Zeit. Duncker & Humblot, 1992. ISBN 9783428073146. S. 142 books.google.de

    “Eine Regierung, die immer bereit ist, einer Majorität nachzugeben, sei die letztere nun eine lokale oder bloß eine zeitweilige, eine parlamentarische oder aufrührerische, und welche ihr Ansehen nur durch Zugeständnisse aufrecht erhält, von denen jedes den Weg zu einem neuen Zugeständnis anbahnt, eine solche Regierung befindet sich in einer traurigen Klemme.” – Otto von Bismarck in einem Interview gegenüber dem Korrespondenten des New York Herald (23. April 1890). Zitiert in: Günter Schönbrunn, Das Bürgerliche Zeitalter, 1815-1914, S. 448, Bayerischer Schulbuchverlag (1980).

  3. Auszug von Imanuael Geiss, Nachwort zu Emil Luwig, WILHELM DER ZWEITE, München 1964

    „…Zunächst fällt die Vorliebe des Kaisers für ein martialisches Auftrumpfen auf, unterstützt durch eine verheerende Fähigkeit, zündende Parolen und plastische Bilder aus dem Stegreif zu finden, eine Gabe die heute jedem Texter einer (kommerziellen oder politischen) Publicity-Firma zu Ehren und zu hohem Lebensstandard führen würde. >>Der Dreizack gehört in unsere Faust<>Unsere Zukunft liegt auf dem Wasser<>Völker Europas, wahrt eure heiligsten Güter<< – diese und andere Sprüche zeugen nicht nur von einer phantastischen Formulierungskraft, sondern auch von einem bodenlosen Leichtsinn und einer regelrechten Verantwortungslosigkeit, auch gegenüber Idee und Institution der von ihm so hochgehaltenen Monarchie. Denn der Anblick eines von seinem autokratischen Gottesgnadentum überzeugten Monarchen, dessen Berater jedesmal, wenn er sich mündlich oder schriftlich, bei dem Gedanken zitterten, er könne wieder einmal blamabel entgleisen, ist die wirksamste und grausamste Parodie des monarchischen Prinzips.
    Wilhelm II. fühlte sich von einer bösen Welt stets so missverstanden, weil sie seine Worte ernst nahm. Aber er und die Anhänger des monarchischen Gedankens hätten empört aufgeschrien, wenn man den Kaiser als das bezeichnet hätte, was er wirklich war: ein ebenso redseliger wie gewaltiger Prahler, ein intellektuelles Irrlicht an der Spitze des Volkes der Dichter und Denker, ein Feigling als oberster Kriegsherr der militärischten Nation der Welt, ein unbeherrschter, aber selbstherrlicher Herrscher, der in seiner permanenten Infantilität eigentlich nicht voll zu nehmen gewesen wäre,,
    Wilhelms persönliches Pech war vielleicht, dass er nun einmal Souverän eines mächtigen Staates war und trotz seiner offenkundigen Unfähigkeit von diesem verantwortungsschweren Amt weder abberufen wurde noch freiwillig zurücktrat, dass er verehrt (und nicht nur erduldet) ein strebsames begabtes, aber politisch unterentwickeltes Volk anführte , dem die Welt allmählich so viele Wundergaben zutraute, dass es auch fähig wäre, die verhüllten wie die unverhüllten Drohungen seines undisziplinierten Monarchen in bekannter Disziplin umzusetzen. So entpuppt sich Wilhelm II. nachträglich als ein Schaf im Wolfspelz, der aus Angst vor seiner Gesellschaft mit den Wölfen heult, in der Hoffnung, wie würde seinen abartigen Charakter nicht bemerken und es nicht zerreißen. Wie aber hätte die Welt diesen etwas ungewöhnlichen Sachverhalt schon zu Kaisers Zeiten durchauen können…"

    Zu Emil Ludwig: https://www.l-iz.de/bildung/buecher/2021/09/emil-ludwig-die-eindrucksvolle-biografie-eines-fast-vergessenen-erfolgsautors-408533

    Zu Imanuel Geiss: https://de.wikipedia.org/wiki/Imanuel_Geiss

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